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Lisa Hanne-Bockler

5 Tipps, um Montessori Pädagogik in deinen Reittherapie Alltag einzubinden

„Das ist unsere Mission: einen Lichtstrahl werfen und weitergeben.“ – Maria Montessori

Aus anfänglichen medizinischen Beobachtungen in den Jahren um 1900 von Kindern mit geistiger Behinderung ist ein pädagogisches Konzept entstanden, das bis heute mit seinen Erkenntnissen überzeugen kann.


Du brauchst einen Anstoß, wie du bei deinen Klienten die Selbstständigkeit fördern kannst und ihnen „die Zügel in die Hand gibst“? Da könnte dieser Blogbeitrag genau das richtige sein!


Wer war Maria Montessori?

Maria Montessori – Ärztin – Naturwissenschaftlerin – Pädagogin.

Maria Montessori wurde 1870 in Italien geboren und interessierte sich bereits früh für die Naturwissenschaften und Theologie. Aus anfänglichem Interesse folgte ein Studium der Medizin, welches dazu führte, dass sie eine der ersten Ärztinnen Italiens wurde. Warum ihre Biografie so wichtig für das Verständnis der daraus entstandenen Pädagogik ist, erfährst du weiter unten im Blogartikel.


Sie engagierte sich Lebzeiten für Frauenrechte und war sogar drei Mal für den Friedensnobelpreis nominiert. Sie begann mit der Arbeit in einer psychiatrischen Klinik, in der Kinder mit geistigen Behinderungen notdürftig versorgt wurden.


Durch Beobachtungen stellte Maria Montessori fest, dass hier keine medizinische, sondern eine pädagogische Versorgung stattfinden muss und dass Kinder am besten in angepasster Umgebung in ihrem eigenen Interessenumfang lernen können.


Dies ist der Grundgedanke ihrer Pädagogik, die sich übrigens nicht nur auf Kinder bezieht, sondern für jede Altersgruppe in angepasster Form angewendet werden kann.


Nun werden wir etwas konkreter. Wie kannst du diesen Grundgedanken in der Reittherapie umsetzen? Hier kommen die 5 Tipps, um Montessori Pädagogik in der Reittherapie zu nutzen:


1.    Die vorbereitete Umgebung

"Nicht das Kind soll sich der Umgebung anpassen. Sondern wir sollten die Umgebung dem Kind anpassen.“ - Maria Montessori

Die vorbereitete Umgebung ist eines der grundlegendsten Aspekte, die du beachten kannst, wenn du die Selbstständigkeit deiner Klienten fördern möchtest. Dabei ist wichtig zu beobachten, mit welcher Klienten Gruppe du arbeitest.


Du musst deine Sattelkammer nicht für Kinder umbauen, wenn du ausschließlich mit Erwachsenen arbeitest. Kommen Rollstuhlfahrer oder Menschen mit körperlichen Behinderungen zu dir, solltest du auf die Barrierefreiheit der Sattelkammer achten.


Ziel der vorbereiteten Umgebung ist es, dass jeder Klient alle Materialien selbstständig finden, nehmen und für die therapeutische Einheit nutzen kann. Um dies zu erleichtern ist es beispielsweise möglich mit einem Farbpunkte-System zu arbeiten. Jedes Pferd ist mit Bild einer Farbe zugeordnet. Jeder Putzkasten, jede Bürste, jeder Gurt bekommt einen Klebepunkt in entsprechender Farbe.


So können sich auch Klienten, die nicht lesen können, in der Sattelkammer orientieren.


2.  Freie Wahl

„Die Freiheit der Wahl führt zur Würde des Menschen“ – Maria Montessori

Die freie Wahl lässt sich in der Reittherapie insoweit einschränken, dass die Sicherheit des Klienten, des Pferdes und des Reittherapeuten immer die Priorität sind. Die freie Wahl setzt auch eine vorbereitete Umgebung voraus.


Ist dies gegeben, kannst du deinen Klienten verschiedene freie Wahlen lassen: Möchtest du am Boden arbeiten oder reiten? Welches Pferd möchtest du reiten? Welchen Sattel möchtest du nehmen? Welche Bürste? Möchtest du im Wald reiten oder auf dem Reitplatz? Welches Material möchtest du nutzen?


Diese Fragen führen beim Klienten zu einem neuen Bewusstsein seiner eigenen Entscheidungsfreiheit. Oft fällt es schwer solche Entscheidungen zu treffen. Eine häufige Antwort ist anfangs „ist mir egal“. Wichtig ist den Klienten in diesen Momenten nicht allein zu lassen oder die Entscheidung abzunehmen.


Wir können hier nachfragen: Welcher Sattel fühlt sich angenehmer für dich an? Brauchst du heute mehr Halt? Dies kann helfen mehr Bewusstsein für die eigenen Bedürfnisse zu schaffen.


Entscheidungen für sich zu treffen ist ein guter Weg in die Unabhängigkeit.


3. Beobachtung

„Helfen Sie niemals einem Kind bei einer Aufgabe, bei der es glaubt, Erfolg haben zu können.“ – Maria Montessori

Maria Montessoris Pädagogik beruht auf aufmerksame Beobachtungen. Erfolgserlebnisse schaffen Selbstbewusstsein. Dies versuchen wir auch in der Reittherapie umzusetzen.


Wenn ein Klient beispielsweise den Putzkasten nicht sofort öffnen kann, greifen wir nicht ein. Wir lassen es probieren und halten uns als Beobachter im Hintergrund. Besonders Kinder können eine große Geduld und Frustrationstoleranz für solche Aufgaben mitbringen.


Hier müssen wir als Reittherapeuten die gleiche Geduld zeigen, bis der Klient uns selbstständig um Hilfe fragt. Es kann sein, dass der Klient sich mehrere Minuten mit solchen Aufgaben beschäftigt, um das „Rätsel“ zu lösen. Der Klient wird dabei vom Beobachter keineswegs allein gelassen, sondern wir realisieren jede Bewegung, Mimik und Gestik.


Wenn um Hilfe gebeten wird, sollten wir die Aufgabe nicht komplett übernehmen, sondern kleine Hilfestellungen leisten, damit die Aufgabe vom Klienten größtmöglich selbstständig gelöst wird. Auch hier steht der Aspekt der Sicherheit von Pferd und Mensch vor dem Aspekt der Beobachtung und Unabhängigkeit.


4.    Fehlerkontrolle

"Der größte Erfolg eines Lehrers ist es, sagen zu können, dass seine Schüler arbeiten, als wäre er nicht da.“ – Maria Montessori

Klassische Montessori Materialien weisen verschiedenen Kriterien auf. Eines davon ist die Fehlerkontrolle. Diese soll ermöglichen, dass nicht die Lehrenden beurteilen, welche Aufgabe „richtig“ und welche „falsch“ ist, sondern dass die Schüler/innen sich selbst kontrollieren können.


Dies ist wieder ein Schritt in die Unabhängigkeit. In der Reittherapie können wir einige der von Montessori erdachten Materialien nutzen, jedoch ist es auch möglich eigene Materialien nach dem Prinzip einzubauen. Ein beliebtes Spiel ist das „Tücherspiel“. Hier werden 6 verschiedenfarbige Tücher in einer Aufhängung zum Hindurchreiten aufgehängt.


Der Klient würfelt eine Farbe, wir reiten zu den Tüchern und der Klient zieht das Tuch mit der gewürfelten Farbe ab. Zur Kontrolle halten wir das Tuch neben die gewürfelte Farbe. Dieses Spiel dient zum Lernen der Farben, fördert die Feinmotorik und die Hand-Auge Koordination durch das  Greifen des Tuches.


Der Schwierigkeitsgrad kann erhöht werden durch den Austausch der Farben (6 verschiedene Rottöne, anstatt blau,gelb,grün,rot…) – beinflussbar oder durch Wettereinflüsse (im Wind wehen die Tücher mehr) – nicht beeinflussbar. Jedes Montessori Material muss eine eigene Fehlerkontrolle besitzen.


5.    Natur einbeziehen

„Keine Beschreibung, kein Bild irgendeines Buches können das wirkliche Sehen der Bäume in einem Wald mit dem ganzen Leben, das sich um sie herum abspielt, ersetzen.“ – Maria Montessori

Montessori war nicht nur Medizinerin und Pädagogin, sondern studierte auch Naturwissenschaften in Rom. Dies brachte sie dazu auch den Kindern immer wieder die Natur und ihre Phänomene mit allen Sinnen nahezulegen.


Als Reittherapeuten sind wir täglich mit der Natur im Einklang. Was bietet sich da mehr an, als Montessori Pädagogik und Reiten zu verbinden? Ein konkretes Beispiel hierfür, ist ein Ausritt Bingo. Es wird ein Blatt mit verschiedenen Bildern vorbereitet und laminiert aus „Dingen“, die häufig in der Umgebung vorkommen.


Hier kann der Schwierigkeitsgrad variiert werden (Baum – Stein – Blume oder Birke – Eiche – Ahorn). Der Klient markiert auf dem Blatt, was er während des Ausritts alles finden kann. Die Fehlerkontrolle ist das Bild neben das gefundene „Ding“ zu halten. Dies schafft Erfolgserlebnisse und fördert die Kreativität.


Wieso nicht mit dem Klienten beim nächsten Ritt ein eigenes Ausrittbingo zusammenstellen?


Welches Ziel wollte Maria Montessori damit erreichen?


Maria Montessoris pädagogisches Konzept teilt sich in vier verschiedene Altersgruppen (0-6 Jahre,7-12 Jahre,13-18 Jahre,18+ Jahre). Jeder dieser Gruppen hat eigene Bedürfnisse ihres Alters, die auf die größtmögliche Selbstständigkeit abzielen.


Das oberste Ziel Montessoris ist die „Eroberung der Unabhängigkeit“, die die größtmögliche Selbstständigkeit des Individuums beschreibt.

 

Wir hoffen, du konntest einige Ideen mitnehmen, um Montessori Pädagogik in deinen Alltag als Reittherapeut, einzubinden. Du willst mehr über das Thema erfahren? Wir, Lisa Hanne-Bockler Reittherapeutin BfR und Sebastian Bockler Montessori Diplom Pädagoge, bieten sowohl Onlinekurse als auch Praxiskurse zum Thema Montessori in der Reittherapie an.


Des Weiteren haben wir uns auf Bodenarbeit in der Reittherapie spezialisiert und bilden Therapiepferde auf unserem Hof in Brandenburg aus. Schau gern vorbei: www.pferdenatur.net/kurse



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